Muskelkater….gibt es ihn wirklich oder sind es doch die Faszien?

Muskelkater, was genau steckt dahinter?

Wir kennen ihn alle, diesen Schmerz, der uns heimsucht, nachdem wir uns sportlich an die Grenzen gebracht, nach langer Zeit wieder mit dem Fitness oder dem Yoga begonnen haben: der liebe gute und verlässliche Muskelkater, der uns daran erinnert, dass wir doch besser auf unseren Körper hören sollten.

Die weitverbreitete These, dass Risse in den Muskelfasern für den Kater verantwortlich sind, hält sich zwar bis heute in der Trainingswissenschaft, doch jüngste Untersuchungen konnten nachweisen, dass neben zerstörten Strukturproteinen innerhalb der Muskelzellen auch das Fasziengewebe ausserhalb der Zellen betroffen ist. Um dieses Phänomen zu verstehen, dann müsste zunächst einmal geklärt werden, was genau im Körper passiert.

Beim Training, Sport oder körperlicher Anstrengung benötigt der Körper Kohlenhydrate und Fette für die Verbrennung, die er mit Hilfe von Sauerstoff verarbeitet. Das ist der sogenannte aerobe Belastungsbereich. Doch bei übermässiger Belastung holen sich die Muskeln ihre Energie nicht aus der Verbrennung von Kohlenhydraten und Fetten, sondern verbrennen dies ohne Sauerstoff. Man nennt dies dann entsprechend den anaeroben Belastungsbereich. Unter sollen Bedingungen entsteht als Abbauprodukt Milchsäure, auch Laktat genannt. Entsteht durch eine stark erhöhte Belastungsintensität mehr Laktat, als abgebaut werden kann, werden unsere Muskeln „übersäuert“.

In der Vergangenheit wurde irrtümlich davon ausgegangen, dass diese Übersäuerung der Grund für den Muskelkater sei. Da allerdings die Reaktion, sprich der Schmerz, erst mit einer zeitlichen Verzögerung auftritt und der Höhepunkt des „Muskelkaters“ meist erst am zweiten Tag nach dem Training erreicht ist, ist das Laktat längst abgebaut. Muskelkater tritt vor allem bei (zu) grossen exzentrischen Belastungen. Durch langfristiges Training lässt sich Muskelkater vermeiden, indem man anfällige Muskeln und Gewebestrukturen kräftigt und an die Belastung gewöhnt. Allerdings kann man sofort wieder einen „Kater“ bekommen, sobald man neuartige, intensive Bewegungen macht.

Nachträgliches Dehnen ist keine Hilfe bei Muskelkater!
Die weit verbreitete Annahme, dass durch Ausdehnen nach einer Belastung dem Muskelkater vorgebeugt werden könne, ist falsch und stammt wohl noch aus der Zeit, als die Milchsäure für den Verursacher gehalten wurde. Die Mikroverletzungen in den Muskelfasern können durch Ausdehnen nicht rückgängig gemacht werden. Vielmehr kommt der Schmerz von den Faszien.

Faszien und ihre Transport- & Informationsfunktion

Faszien haben unter anderem eine Transport- und eine Informationsfunktion, sprich sie unterstützen den Körper beim Transport von Nährstoffen, die über das Bindegewebe an den Ort des Bedarfs gebracht und gleichzeitig Abfallstoffe abtransportiert. Weiters sind Faszien Informationsträger und leiten Reizwahrnehmungen, Stimulationen mit An- und Entspannung an unser Gehirn.

Für den „Faszienkater“ sind die Transport- und Informationsfunktionen von Interesse und besonders die Lymphgefässe in den Faszien stehen hier im Mittelpunkt. Die Transportfunktion, die auschliesslich über Muskelbewegung in Gang gehalten wird, kann durch Verspannungen in der Muskulatur beeinträchtigt werden. Durch Muskelverspannungen können die Stoffe in den Lymphgefässen nicht richtig abgebaut werden. Das führt vor allem dazu, dass das enthaltene Fibrinogen zu Fibrin abgebaut wird. Fibrin ist ein körpereigener „Klebstoff“, der zur Wundschliessung dient. Da aber keine Wunde vorliegt, verklebt das umliegende Fasziengewebe.

Diese Verklebung kann zu zwei Problemen führen:

  • Die Beweglichkeit und Zugkraft der Muskelfasern können reduziert werden.
  • Nervenenden, die in diesem Bereich vorkommen, können gequetscht werden, was zu enormen Schmerzen führen kann.

Das Faszien SOS Programm

Wenn sich der Kater bemerkbar macht hilft eine Selbstmassage mit den Faszienrollen. Hierbei wird das Bindegewebe mit den Faszienrollen ausgerollt. Dabei wird die verklebte Faszienstruktur gelöst und wie ein Schwamm ausgedrückt. Die Abfallstoffe werden entsprechend abtransportiert und das Gewebe kann sich neu mit Flüssigkeit vollsaugen, wodurch es wieder elastisch wird.  Wird die Selbstmassage mit leichtem Druck (ACHTUNG: nie im Schmerzbereich arbeiten, es soll ein sogenannter Wohlfühlschmerz sein) werden Reize über die Rezeptoren zum vegetativen Nervensystem und in Richtung Muskel ausgelöst.

Vorbeugen ist besser als „nachrollen“

Wer den Muskel-, bzw. besser gesagt den „Faszienkater“ gar nicht erst haben möchte, der sollte seine Faszien regelmässig trainieren. Ein äusserst wirksames Training ist zum Beispiel das FaYo – das Faszienyoga von Liebscher und Bracht. Mit zwei kurzen Trainingseinheiten pro Woche bleibt das Fasziengewebe geschmeidig und wird weniger anfällig für den „Kater“. Faszienrollen, Bücher und DVDs hierzu können über www.faszien-shop.ch bezogen werden.

Faszien- und Bewegungstraining in der Gruppe
Die Ins Zentrum GmbH in Turbenthal bietet neben wöchentlichen Faszien- und Bewegungstrainings auch regelmässige Workshops zum Thema Schmerztherapie, Faszien, Faszienrollen sowie Faszienyoga an. Weitere Informationen sind unter www.ins-zentrum.ch zu finden.

Bei jedem Training unbedingt auf das eigene Körpergefühl und die Schmerzempfindung hören. Es soll nie mehr als ein „Wohlfühlschmerz“ sein.